In­for­ma­tio­nen für The­ra­peu­ten

Myofasziale Triggerpunkttherapie

„Trigger“ = Auslöser für Schmerz und Bewegungseinschränkung

Meistens wird in der Medizin der Schmerz durch Schmerzmittel oder Cortison behandelt, der Auslöser und die Ursachen aber nicht erkannt. 

Dadurch kommt es zu immer wieder kehrenden Problemen, meist mit zunehmender Intensität. Hier kann häufig die Triggerpunkttherapie helfen.

Der Stütz- und Be­we­gungs­ap­pa­rat ist laut Irwin Korr (1970), dem be­deu­tends­ten os­teo­pa­thi­schen For­scher un­se­re „pri­märe Le­bens­ma­schi­ne“. 

Er er­mög­licht es uns auf viel­fäl­ti­ge Art und Weise, die Auf­ga­ben des täg­li­chen Le­bens zu meis­tern. 

Die ge­sam­ten in­ne­ren Or­ga­ne, die in der Me­di­zin einen so hohen Stel­len­wert – im Ver­gleich zum Mus­kel-Ske­lett-Sys­tem – haben, die­nen letzt­end­lich doch nur dafür die­sen Ap­pa­rat zu un­ter­stüt­zen und zu ver­sor­gen. Der größ­te Teil un­se­rer Kör­per­ener­gie wird für den Be­we­gungs­ap­pa­rat be­nö­tigt. Es ist der Kör­per­be­reich, von dem die meis­ten Schmer­zen, Be­schwer­den und Be­hin­de­run­gen aus­ge­hen (>;80%).

Be­reits 1962 schrieb Mc Con­nell als wich­ti­ger Ver­tre­ter der Os­teo­pa­thie über das Weich­teil­ge­we­be

„Von be­son­de­rem pa­tho­lo­gi­schem In­ter­es­se ist die Tat­sa­che, dass knö­cher­ne Fehl­stel­lun­gen durch li­ga­men­tä­re Ver­stei­fun­gen auf­recht er­hal­ten wer­den.
Diese Steif­heit be­ginnt mit mus­ku­lä­ren, fas­zia­len und ten­di­nösen Span­nun­gen und Be­las­tun­gen. Jeder Fall ist auf Grund sei­ner Lo­ka­li­sa­ti­on, Archi­tek­tur und Ge­set­ze, Be­schaf­fen­heit der Ge­we­be, re­gio­na­len Ver­hält­nis­se und Kräf­te, Um­welt­be­din­gun­gen, Kraftauf­lö­sung etc. ein­zig­ar­tig.
Ver­ges­sen wir nicht, dass ich über den fun­dier­ten bio­lo­gi­schen Hin­ter­grund der in­di­vi­du­el­len Pa­tho­ge­ne­se spre­che, den Boden, auf dem die Voraus­set­zun­gen für Krank­heit ent­ste­hen.
Die un­zu­rei­chen­de oder nicht ef­fi­zi­en­te Be­hand­lung der Weich­teil­ge­we­be ist einer der Grün­de, warum Tech­ni­ken nicht den ge­wünsch­ten Er­folg brin­gen und Lä­sio­nen wie­der­keh­ren. Das Glei­che gilt auch für die Kor­rek­tur von Hal­tungs­schä­den.“

Auslöser für Veränderungen im Muskel-Skelett-System kann

  • anhaltender
  • statischer
  • psychischer
  • mechanischer

Stress sein.

Zu nen­nen sind hier an­ge­bo­re­ne Fak­to­ren (z.B. Bein­län­gen­dif­fe­renz, klei­ne­re Be­cken­hälf­te), Über-/Fehl­be­las­tun­gen (z.B. Ver­let­zun­gen, falsche Be­we­gungs­mus­ter bei be­stimm­ten re­gel­mä­ßi­gen Tä­tig­kei­ten), hal­tungs­be­ding­ter Stress, chro­nisch emo­tio­na­ler Stress (z.B. Ängs­te jeg­li­cher Form). Durch das Be­mü­hen des Kör­pers sich an­zu­pas­sen bzw. zu kom­pen­sie­ren, kön­nen ein­zel­ne Kör­per­zo­nen so weit ver­än­dert wer­den, dass es zu struk­tu­rel­len und letzt­lich zu pa­tho­lo­gi­schen Ver­än­de­run­gen kommt. Wis­sen­schaft­lich konn­te dies durch Melzack und Wall (1989) und Latey (1983) nach­ge­wie­sen wer­den.

Melzack / Wall:
phy­si­scher Stress­fak­tor, z.B. eine ein­zel­ne Ver­let­zung oder wie­der­hol­te sta­ti­sche Be­las­tung

Latey:
psy­chi­scher Stress­fak­tor, z.B. stän­dig un­ter­drück­ter Ärger

In vie­len Fäl­len han­delt es sich um Kom­bi­na­tio­nen aus bei­dem, wo­durch die mus­ku­loske­let­ta­len und neura­len Struk­tu­ren über­las­tet wer­den und zu klar er­kenn­ba­ren kör­per­li­chen Ver­än­de­run­gen füh­ren. Diese lösen nun wei­te­ren Stress in Form von Ent­zün­dun­gen, Schmer­zen, Ge­lenk­ein­schrän­kun­gen, all­ge­mei­nem Un­wohl­sein und / oder Mü­dig­keit aus.

Le­witt schrieb 1992, dass oft­mals in den Weich­teil­ge­we­ben vor­her­seh­ba­re Ket­ten­re­ak­tio­nen von kom­pen­sa­to­ri­schen Ver­än­de­run­gen ent­ste­hen, da der Kör­per sich stän­dig an bio­me­cha­ni­schen oder psy­cho­ge­nen Stress ad­ap­tie­ren muss (chro­ni­sche Ad­ap­ta­ti­on). Hier­un­ter lei­det die op­ti­ma­le Funk­ti­ons­fä­hig­keit und stellt somit eine ste­ti­ge Quel­le wei­te­rer phy­sio­lo­gi­scher Stö­run­gen dar. Um Hei­lungs­er­fol­ge zu er­zie­len, muss der Mensch als Ganz­heit ge­se­hen wer­den. Aus die­sem Grund soll­ten die ver­schie­de­nen Fak­to­ren, die das in­ne­re und äu­ße­re Um­feld der be­trof­fe­nen Per­so­nen be­ein­flus­sen, er­kannt wer­den. Sie sind ein Teil der kom­ple­xen in Wech­sel­be­zie­hung ste­hen­den Ganz­heit, die im po­si­ti­ven wie auch im ne­ga­ti­ven Ein­fluss aus­üben kön­nen. Letzt­end­lich ist es unser Kör­per, der sich selbst heilt, re­pa­riert bzw. er­hält, so­fern die ent­spre­chen­den Voraus­set­zun­gen hier­für ge­ge­ben sind.

Wich­ti­ge Fak­to­ren hier­für sind:

  • emo­tio­na­le Sta­bi­li­tät
  • aus­ge­wo­ge­ne Er­näh­rung
  • ge­sun­de Le­bens­wei­se
  • struk­tu­rel­le und me­cha­ni­sche In­te­gri­tät des Kör­pers

Un­ter­stüt­zung kann der Kör­per durch die Trig­ger­punkt­the­ra­pie er­hal­ten. Nach den füh­ren­den Schmerz­for­schern Melzack und Wall (1989) sind myo­fas­zia­le Trig­ger­punk­te eine der Haup­t­ur­sa­chen für an­hal­ten­de Schmer­zen und Dys­funk­tio­nen und Teil aller chro­ni­schen Schmerz­zu­stän­de. Es ist auch er­staun­lich wie ähn­lich Peter Liefs (Heil­prak­ti­ker, Chi­ro­prak­ti­ker und Os­teo­path / Sohn von St­an­ley Lief – seine Ar­bei­ten dienten als Grund­la­ge für die neu­ro­mus­ku­lä­ren Tech­ni­ken) Er­klä­rung der De­fi­ni­ti­on der Ur­sa­chen und Merk­ma­le der myo­fas­zia­len Trig­ger­punk­te ist.

Und das, ob­wohl er lange vor den For­schungs­ar­bei­ten von Tra­vell und Si­mons wirk­te:

  • Stau­ung des lo­ka­len Bin­de­ge­we­bes
  • Stö­rung des Säure-Basen-Gleich­ge­wich­tes im Bin­de­ge­we­be
  • Fi­brö­se In­fil­tra­ti­on (Ad­hä­sio­nen)
  • Chro­ni­sche Mus­kel­kon­trak­ti­on oder hyper- bzw. hy­po­tro­phe Ver­än­de­run­gen des Tonus

Tra­vell schreibt zu­sam­men mit Si­mons: 

„Im Zen­trum des Trig­ger­punk­tes be­fin­det sich eine Mus­kel­spin­del, die aus ir­gend­ei­nem Grund ir­ri­tiert wurde. Man kann sich diese Spin­del wie einen Strang von Fäden in einem ge­strick­ten Pull­over vor­stel­len. Es kommt zu einem Stoff­wech­sel­pro­blem, das die Tem­pe­ra­tur am Trig­ger­punkt er­höht, einen win­zi­gen Teil des Mus­kels (Sar­ko­me­re) ver­kürzt – wie ein Kno­ten im Pull­over – und die Sau­er­stoff- und Nähr­stoff­zu­fuhr zum Trig­ger­punkt ver­min­dert. Wäh­rend die­ser kur­z­en Stö­rung fließt mehr Cal­ci­um ein und die Mus­kel­spin­del ver­fügt nicht über aus­rei­chend Ener­gie, um die­ses aus der Zelle zu pum­pen. Da­durch kommt es zu einem Teu­fels­kreis: die Mus­kel­spin­del kann sich nicht lo­ckern und der be­trof­fe­ne Mus­kel nicht ent­span­nen.“

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Die ITA nutzt als De­fi­ni­ti­on die Ur­sprungs­ver­si­on von Tra­vell und be­schreibt den myo­fas­zia­len Trig­ger­punkt
als eine über­er­reg­ba­re Stel­le in­ner­halb eines ver­spann­ten Mus­kel­bün­dels in einem Ske­lett­mus­kel oder in der Fas­zie des Mus­kels. 

Die­ser ist druck­schmerz­haft und kann cha­rak­te­ris­ti­sche Über­tra­gungs­schmer­zen, Emp­find­lich­kei­ten und au­to­no­me Phä­no­me­ne her­vor­ru­fen.


Die Bah­nen, ent­lang derer be­stimm­te Trig­ger­punk­te Sym­pto­me in den Über­tra­gungs­zo­nen aus­lö­sen, fol­gen weder be­kann­ten neu­ro­lo­gi­schen Mus­tern noch ent­spre­chen sie den Me­ri­dia­nen der TCM, auch wenn es ge­le­gent­lich Über­ein­stim­mun­gen gibt. Nach Melzack (Melzack & Wall 1989) sind etwa 80% der häu­figs­ten Trig­ger­punk­te an der Stel­le be­kann­ter Aku­punk­tur­punk­te zu fin­den. Der myo­fas­zia­le Trig­ger­punkt ge­hört zu den nicht­ra­di­ku­lä­ren Sym­pto­men und muss von den ra­di­ku­lä­ren Dys­funk­tio­nen un­ter­schie­den wer­den. Die Haupt­merk­ma­le einer ra­di­ku­lä­ren Dys­funk­ti­on sind nach Dubs (1950) und Dvor­ak & Dvor­ak (1984):

  • Schmer­zen in den Ge­bie­ten, die durch die Ner­ven­wur­zeln der be­trof­fe­nen Seg­men­te ver­sorgt wer­den
  • Sen­si­bi­li­täts­stö­run­gen in den Der­ma­to­nen der be­trof­fe­nen Seg­men­te
  • Mo­to­ri­sche Aus­faller­schei­nun­gen – bis hin zur Läh­mung – von Mus­keln, die durch die be­trof­fe­nen Ner­ven­wur­zeln ver­sorgt wer­den sowie mög­li­cher­wei­se Mus­ke­la­tro­phie
  • Stö­rung der tie­fen Seh­nen­re­fle­xe in den be­trof­fe­nen Ge­bie­ten

Web­ber (1973) schreibt, dass sich der ätio­lo­gi­sche myo­fas­zia­le Trig­ger­punkt für ein be­stimm­tes Schmerz­mus­ter immer in einem be­stimm­ten Teil eines be­stimm­ten Mus­kels be­fin­det. Eine Be­hand­lung die­ser Über­tra­gungs­zo­ne ist nicht er­for­der­lich, so­fern es ge­lingt, den zu­ge­hö­ri­gen Trig­ger­punkt zu de­ak­ti­vie­ren und alle Sym­pto­me zu be­sei­ti­gen.

Tra­vell wies durch ihre For­schungs­ar­bei­ten al­ler­dings auch nach, dass klei­ne Trig­ger­punk­te zu­sätz­lich in der Über­tra­gungs­zo­ne ent­ste­hen kön­nen. So kann es zu einer Ket­ten­re­ak­ti­on von immer neuen Trig­ger­punk­ten kom­men. Si­mons fand in sei­nen Un­ter­su­chun­gen her­aus, dass im Zen­trum eines jeden Trig­ger­punk­tes im Ver­gleich zur um­lie­gen­den Mus­ku­la­tur ein Sau­er­stoff­man­gel vor­herrscht. Tra­vell (Tra­vell & Si­mons 1983 / 92) be­stä­tig­te durch ihre Ar­bei­ten, dass aus­lö­sen­de und un­ter­hal­ten­de Fak­to­ren für Trig­ger­punk­te fol­gen­de Punk­te sein kön­nen:

  • Nähr­stoff­man­gel, v. a. Man­gel an Vit­amin B und C sowie Eisen
  • Hor­mo­nel­les Un­gleich­ge­wicht (ge­rin­ge Aus­schüt­tung des Schild­drü­sen­hor­mons, Me­no­pau­se, prä­men­struel­les Syn­drom)
  • In­fek­tio­nen (Bak­te­ri­en, Viren oder He­fe­pil­ze)
  • All­er­gi­en (v.a. gegen Wei­zen und Milch­pro­duk­te)
  • Schlech­te Sau­er­stoff­ver­sor­gung der Ge­we­be (ver­stärkt durch Span­nun­gen, Stress, man­geln­de Be­we­gung und schlech­te At­mung)

Zur ge­nau­en Dia­gno­s­tik schrieb Peter Lief (1963):

„Die Pal­pa­ti­on ist die wich­tigs­te dia­gno­s­ti­sche Metho­de.
Große Lä­sio­nen sind leicht zu pal­pie­ren, manch­mal aber sind Lä­sio­nen so klein, dass es v.a. für An­fän­ger schwie­rig ist, sie zu spü­ren.
Eine Lä­si­on ist immer daran er­kenn­bar, dass eine Zone mit be­son­de­rer Druck­emp­find­lich­keit be­steht, die als schmerz­haf­te Stel­le be­schrie­ben wer­den kann.
Die­sen schmerz­haf­ten Punk­ten wird bei der an­sch­lies­sen­den Be­hand­lung be­son­de­re Auf­merk­sam­keit ge­wid­met.“

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Zum schnel­le­ren und ge­ziel­te­ren Auf­fin­den von Trig­ger­punk­ten nutzt die ITA zu­sätz­lich Dehn- und Kraft­tests für alle Re­gio­nen als wich­ti­ge Be­fund­kri­te­ri­en. 

Bei­spiel­bild: M. bi­ceps bra­chii. 

Die von der ITA ent­wi­ckel­te Be­fund­do­ku­men­ta­ti­on er­mög­licht eine schnel­le und ge­ziel­te Ana­ly­se der Pa­ti­en­ten­pro­ble­me. Durch Druck auf den Trig­ger­punkt kön­nen diese ef­fi­zi­ent be­fun­det und auch be­han­delt wer­den. Wich­tig ist an­schlie­ßend die volle Dehn­fä­hig­keit und Kraft eines Mus­kels wie­der her­zu­stel­len. An­sons­ten kön­nen Trig­ger­punk­te bei nicht aus­rei­chen­der Be­hand­lung sich selbst er­hal­ten.

Die nächs­te Phase bein­hal­tet eine Ver­än­de­rung oder Aus­schal­tung jener Fak­to­ren, die zur Ent­ste­hung des Pro­blems bei­ge­tra­gen haben.

Dies bein­hal­tet das Ver­ständ­nis der Er­go­no­mie im Haus­halt, am Ar­beits­platz und in der Frei­zeit sowie die Um­set­zung der vor­ge­ge­be­nen An­lei­tun­gen.

Die Trig­ger­punkt­the­ra­pie kann neben der Be­sei­ti­gung der be­reits er­wähn­ten Sym­pto­me oft­mals auch Ge­lenk­pro­ble­me

nor­ma­li­sie­ren ohne ak­ti­ve Ma­ni­pu­la­tio­nen am Ge­lenk selbst vor­zu­neh­men. Vor­tei­le der Trig­ger­punkt­the­ra­pie sind dement­spre­chend:

  • Aus­lö­ser fin­den und be­sei­ti­gen
  • Ur­sa­chen und Zu­sam­men­hän­ge ver­ste­hen
  • Be­wäl­ti­gungs­stra­te­gi­en er­ar­bei­ten
  • Ganz­kör­per­lich ein­setz­bar

Au­ßer­dem trägt sie zu einer schnel­le­ren Er­ho­lung und (dau­er­haf­ten) Hei­lung bei. Bei allen Vor­tei­len soll­te aber auch be­ach­tet wer­den, dass der Er­folg von der Hin­ga­be und In­tel­li­genz des The­ra­peu­ten für diese Tech­nik ab­hängt. Wei­te­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie in un­se­ren 

The­ra­peu­ten­for­ma­tio­nen.